Von Ekin Kocak, Klasse G10b Im Frühling hatten ich und 14 weitere Schülerinnen und Schüler des 9. und 10. Jahrgangs, die einmalige Gelegenheit, an einer Begegnungsfahrt mit polnischen Schülerinnen und Schülern teilzunehmen. Dieses spannende Ereignis fand im wunderschönen Schloss Muhrau in Polen, in der Woiwodschaft Niederschlesien, statt und hat mich mit unvergesslichen Erlebnissen und vor allem neuen Perspektiven bereichert. Die Fahrt nach Polen und zurück verlief – mit diversen Zugausfällen und Ersatzbussen, die voll waren, – „abenteuerlich“ und beanspruchte etwas mehr als 13 Stunden. Die Konsequenzen des klimafreundlichen Bahnfahrens nahmen wir zwar verständnisvoll an und versuchten das Beste daraus zu machen, doch sie lenkten natürlich etwas von den allzu schönen und tollen Erlebnissen ab.
Eines der Highlights während unseres Aufenthalts in Polen war der Besuch der Stadt Breslau. Als ich dort ankam, wurde ich sofort von der Architektur fasziniert. Die Stadt beherbergt prachtvolle Gebäude, wie die das alte Rathaus oder den Breslauer Dom, aber auch historisch äußerst bedeutende Denkmäler. Einen Schüler aus dem neunten Jahrgang erinnerte die Architektur der Gebäude an Deutschland, was darauf zurückzuführen ist, dass Niederschlesien einst Teil Deutschlands war, was erklärt, warum die Bauwerke ihm so vertraut vorkamen. Dies verdeutlichte mir, wie die Geschichte das Erscheinungsbild einer Stadt prägen kann. Während unserer Erkundungstour durch Breslau fielen mir auch die Wohnblocks auf, die noch aus der Zeit des Sozialismus stammten. Sie zeugten von einer vergangenen Ära und erinnerten mich daran, wie sich die Gesellschaft dort im Laufe der Zeit verändert hat. So war es spannend zu beobachten, wie die Wohnblocks und die noch von der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammenden Gebäude, die verlassen und unbewohnt sind, einen Einblick in Polens Geschichte gewähren.
Ein weiteres bemerkenswertes Erlebnis war ein Gespräch, das wir mit einer Zeitzeugin, Frau Melitta Sallai, die die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, führen konnten. Sie erzählte uns von ihren Erfahrungen und den Schwierigkeiten, die sie während dieser schrecklichen Zeit durchlebte. Es war bewegend zu hören, wie sie trotz der Schrecken des Krieges ihre Hoffnung und ihren Mut nicht verloren hatte. Durch dieses Gespräch konnte ich neue Perspektiven gewinnen und eine tiefere Wertschätzung für Frieden und Verständnis entwickeln. Ein von ihr verfasstes Buch über ihr Leben und Schloss Muhrau erwarben auch einige Schüler von uns, mit der Bitte um Handsignatur, es war wahrlich eine Zeitreise, die die Gespräche mit ihr darstellen: „Von Muhrau nach Morawa“.
Neben den kulturellen und historischen Erlebnissen konnte ich auch wertvolle Kontakte zu den polnischen Schülerinnen und Schülern knüpfen. Wir führten im Rahmen unserer interkulturellen Projekte interessante Gespräche über unsere unterschiedlichen Lebensweisen, Traditionen und Hoffnungen für die Zukunft. Wir sprachen jedoch vor allem über politische Themen und unsere Weltansichten. Es war erstaunlich zu sehen, wie viele Gemeinsamkeiten wir trotz unserer unterschiedlichen Hintergründe bzw. Herkunft hatten. Dieser Austausch hatte mir somit nochmals gezeigt, wie wichtig es ist, offen für neue Erfahrungen zu sein und über kulturelle Grenzen hinweg zu kommunizieren.
Äußerst spannend war auch der Besuch der Hydropolis, ein Museum und Bildungszentrum, das sich dem Wasser widmet. In diesem Zusammenhang konnte ich die enge Verbindung Polens – vor allem Niederschlesiens – zu Wasser erkennen. So wird Niederschlesien von mehreren Flüssen durchquert, darunter die Oder, die Bóbr, die Kaczawa und die Nysa Łużycka. Diese fungierten schon damals als Handelswege und trugen somit einen erheblichen Teil zur wirtschaftlichen Entwicklung dieses Gebietes bei.
Diesbezüglich besuchten wir später einen Stausee. Flüsse und Gewässer spielen nämlich auch bei der Energiegewinnung eine bedeutende Rolle, indem sie Wasserkraftwerke antreiben. Zudem würde diese Art der Energiegewinnung eine deutlich klimafreundliche Alternative zu den fossilen Energiequellen darstellen, was vor allem in Zeiten des Klimawandels besonders an Wichtigkeit gewinnen müsste.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Austausch mit den polnischen Schülerinnen und Schülern eine äußerst bereichernde Erfahrung war. Ich hatte die Möglichkeit, viel Neues zu lernen und meine Sichtweise auf die Welt zu erweitern.
Ich bin dankbar für diese einzigartige Erfahrung und hoffe, dass weitere Schülerinnen und Schüler in Zukunft die Möglichkeit haben werden, an solchen Austauschprogrammen teilzunehmen. Denn nur durch den direkten Austausch mit Menschen aus anderen Kulturen können wir wirklich verstehen, wie vielfältig und doch ähnlich unsere Welt ist.
Spannende Links zur Frau Sallai, ihrem Buch sowie Schloss Muhrau: