Der Besuch des Zeitzeugens Sonny Sonneberg bei er Q2 der Schule am Ried

Was haben Sie letzte Woche zu Mittag gegessen? Die meisten werden darauf spontan keine Antwort geben können. Wie soll man sich da an ganz bestimmte Ereignisse vor 80 Jahren erinnern? Das ist gar nicht so einfach und doch erinnert sich Helmut “Sonny” Sonneberg noch ganz genau an seine Erlebnisse des Nationalsozialismus, die ihn nicht nur im Bereich der sozialen, sondern auch gesellschaftlichen Ausgrenzung geprägt hat. 

Ein Bericht der Q2-Schülerinnen Maxine und Mailin

Sonny Sonneberg war damals gerade mal ein Kind: In seinem siebten Lebensjahr hat sich sein Leben von dem einen auf den anderen Tag vollkommen verändert.    

Wir, Q-Phasen Schüler der gymnasialen Oberstufe der Schule am Ried, hatten am Montag, den 30.05.2022 das Privileg, Sonny Sonneberg persönlich zu treffen, ihm zuzuhören und anschließend Fragen zu stellen. 

Es ist uns eine Ehre gewesen, diese wahrlich besondere Persönlichkeit kennenzulernen, denn neben seiner Position als Zeitzeuge des nationalsozialistischen Regimes und Holocaust-Überlebender ist er, eigenen Worten zufolge, “der größte Eintracht Fan, den es gibt”. Ihn also nur ein paar Tage nach dem historischen Sieg der Eintracht Frankfurt in Sevilla hier bei uns begrüßen zu dürfen, hat natürlich nochmal besonders gut gepasst!

Sonny Sonneberg ist von uns mit großem Applaus begrüßt worden. Begleitet wurde Sonny Sonneberg von Matthias Thoma, der rein zufällig von seiner Vergangenheit erfahren hat und ihn seitdem als Manager dazu ermutigt, seine Geschichte zu erzählen. 

Als Sonny Sonneberg beginnt zu reden, hört der ganze Jahrgang aufmerksam zu – gespannt sitzen wir auf den Stühlen in unserer Aula.

Seit seiner Geburt am 4. Juni 1931 wurde Sonny christlich erzogen und ist bis heute ein gläubiger Christ. Seine Mutter erzählt Sonny bis zu seinem 7. Lebensjahr nichts von seiner jüdischen Herkunft. 

Spätestens nach der Pogromnacht 1938 wurde ihm dann klar: Er gehört jetzt zu den Ausgestoßenen. Den Judenstern zu tragen, obwohl man vorher jeden Sonntag als Messdiener in der Kirche war, und dann von meist Gleichaltrigen grundlos auf der Straße aufs Widerlichste bespuckt und beleidigt zu werden – für uns kaum vorstellbar. 

Später lebte Sonny 2 Jahre in einem Waisenhaus und zählte die Tage, sein altes Leben und seine Familie zurückzubekommen. Manchmal schlich er sich unerlaubterweise in ein Kino, um seiner Langeweile zu entkommen, denn Freunde hatte er in dieser Zeit nie gehabt.
“Seid froh, dass ihr hier in die Schule geht und lesen und schreiben lernen könnt. Das habe ich als Kind jeden Tag vermisst.” so Sonny, als er an seine Kind- und Jugendzeit zurückdenkt.
Im Jahr 1945 wurde er letztendlich nach Theresienstadt deportiert, kam jedoch bereits wenige Monate später, mit 14 Jahren und 27 kg, als Überlebender zurück.

Mit der Zeit kam er dann zum Fußball und zur Eintracht. Auch beruflich hat er viel ausprobiert, vom Bäcker bis hin zum Autoschlosser war alles dabei, und doch ist ihm eins klar: Er „babbelt“ gerne und wir sagen, darin ist er auch wirklich gut! Man könnte meinen, es sei seine Bestimmung.

Sonny Sonneberg wurde natürlich auch von der Eintracht selber interviewt, weiter gibt es eine Dokumentation und ein Buch, in dem man seine Erinnerungen in weiteren Formen vorfindet:

https://profis.eintracht.de/news/sonnys-geschichte-70458

https://www.ardmediathek.de/video/doku-und-reportage/sonny-eine-geschichte-ueber-den-holocaust-eintracht-und-frankfurt/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xNjA5OTc.

Wir waren alle von Sonnys Offenheit und Sympathie überrascht:

Obwohl er zu etwa 100 Personen gleichzeitig gesprochen hat, fühlte es sich eher wie ein Privatgespräch an. Er macht viele Witze und gesteht seine Fehler und Macken in ironischer Art und Weise ein. 

Eines haben wir auf jeden Fall von Sonny gelernt: Wir sollen hinterfragen und gegen den Strom schwimmen, uns dabei eine eigene Meinung bilden und deutlich gegen Diskriminierung vorgehen. 

Wir sind sehr dankbar für die Möglichkeit und wünschen Sonny das Beste für ihn und seine Familie.